Unser Leitbild – Hilfe zur Selbsthilfe

“Zur Liebe gehört, dass sie den Menschen dort aufsucht, wo er ist, und nicht dort, wo man ihn haben möchte.” A. Köberle

Unserer Arbeit legen wir das christliche Menschenbild zugrunde, das den diakonischen Auftrag und damit die Sorge für den Menschen begründet. Jedes menschliche Leben ist vor Gott wertvoll. Unabhängig von seinem Glauben, seiner Weltanschauung, seiner Kultur, seiner Nationalität, seinen Fähigkeiten, Leistungen, Krankheiten und Behinderungen achten wir die Würde des Menschen. Wir sind für Menschen in Grenz- und Belastungssituationen da und bieten Unterstützung und Gemeinschaft.

Wir erkennen an, dass jeder Fähigkeiten und Ressourcen zur Entwicklung in sich trägt und fördern in unserer Arbeit die Eigenverantwortung und Eigeninitiative der Menschen. In unseren unterschiedlichen Strukturen und Arbeitsbereichen sind wir Teil der evangelischen Kirche. Im Spannungsfeld zwischen Wünschenswertem und Machbarem gestalten wir unsere Arbeit verantwortlich und transparent.

“Wir sollten versuchen, den Menschen eine Vorstellung von der Schönheit des Lebens zu geben.” (Julian Beck)

Wir wenden uns Menschen zu. Wir betreuen, beraten und begleiten sie. Wir arbeiten mit ihnen orientiert an ihren Ressourcen. Wir bieten ihnen Unterstützung zu einem eigenverantwortlichen Leben.

Das bedeutet für uns,

  • dass wir jedem Menschen als eigenständige Persönlichkeit begegnen;
  • dass wir die Interessen des einzelnen Klienten erkennen und unterstützen und somit gemeinsam vorhandene Fähigkeiten entdecken und fördern, realistische Zukunftsperspektiven entwickeln, planen und begleiten;
  • dass wir mit den Menschen in einen Dialog treten und sie beteiligen;
  • dass unsere Arbeit von Wertschätzung, Einfühlungsvermögen, Sensibilität und Authentizität getragen wird;
  • dass wir individuelle Angebote machen.

Mitarbeit geschieht haupt- und ehrenamtlich durch qualifizierte und motivierte Menschen. Wir erreichen gelingende Beziehungen nach innen und außen durch Interesse füreinander sowie klaren und ehrlichen Umgang miteinander. Beziehungen sind das zentrale Instrument unserer Arbeit.

Das bedeutet für uns,

  • dass wir ein hohes Maß an Professionalität einbringen;
  • dass wir transparent arbeiten, indem Arbeitsabläufe und Inhalte klar und nachvollziehbar sind;
  • dass wir reflektiert arbeiten, indem wir unser Handeln und unsere Entscheidungen kritisch hinterfragen.

Dies erreichen wir durch

  • gezielte Aus-, Fort- und Weiterbildung der Mitarbeitenden, Begleitung und Schulung ehrenamtlich Mitarbeitender und Praktikanten;
  • durch stetigen Informationsfluss auf und zwischen allen Ebenen, feste Zeitplanung für den Austausch der Mitarbeitenden, interne Fortbildung und regelmäßige Mitarbeiterversammlungen;
  • durch kollegiale Beratung, Supervision, Austausch und Unterstützung, fachliche Wertschätzung und Pflege eines respektvollen Umgangs miteinander.

Leitung geschieht durch die Vorstände, die Geschäftsleitung und die Sachgebietsleitungen. Leitungskräfte sind den Menschen und der Sache verpflichtet. Die Leitung trifft Entscheidungen. Leitung geschieht in einem Umfeld von Offenheit, Transparenz und Vertrauen. Verantwortungsbereiche sind klar definiert und werden gewürdigt. Leitung sorgt für Beteiligungsmöglichkeiten.

Das bedeutet für uns,

  • dass Leitungskräfte regelmäßig Kontakt zu Mitarbeitenden, Klienten, Kunden, Partnern und Vertretern der Gesellschaft pflegen;
  • dass Ideen, Impulse und Verbesserungsvorschläge aufgenommen, beraten und in Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden;
  • dass Planungen und Entscheidungen der Leitungskräfte nachvollziehbar sind;
  • dass die Leitungskräfte Vorbilder sind und durch einen kooperativen Leitungsstil zu einem vertrauensvollen Klima der Zusammenarbeit beitragen.

Dies erreichen wir, indem

  • die Leitungskräfte persönlich ansprechbar sind und für regelmäßige Begegnungen und kontinuierlichen Austausch zu Entwicklungen und Veränderungen sorgen;
  • die Leitungskräfte vorhandene Kompetenzen und Ressourcen der Mitarbeitenden erkennen, fördern und nutzen und ihre Leistungen anerkennen;
  • die Leitungskräfte auf allen Ebenen die Anliegen der Mitarbeitenden ernst nehmen, sie unterstützen und motivieren sowie Eigeninitiative und Beteiligung fördern;
  • Leitungskräfte die Entwicklungen in allen Arbeitsbereichen verfolgen und würdigen.

Unsere Arbeit erfordert Partner wie Kunden, Institutionen, Kirchengemeinden, Behörden und soziale und medizinische Dienste. Wir bieten eine qualitativ gute Dienstleistung und erwarten einen fairen und zuverlässigen Umgang miteinander, der die besonderen Bedingungen unserer Arbeit berücksichtigt.

Das bedeutet für uns

  • kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit;
  • planmäßige Überprüfung und Verbesserung unserer Arbeitsqualität;
  • ständiger Austausch mit unseren Partnern;
  • flexibel zu sein und Flexibilität von unseren Partnern zu erwarten.

Das erreichen wir, indem wir

  • die Zuständigkeit festlegen, überprüfen und kontrollieren;
  • den Austausch mit anderen Einrichtungen suchen und für uns selbst Teamsitzungen, Supervisionen und Fortbildungen wahrnehmen;
  • direkte, unbürokratische und kurze Wege zueinander suchen;
  • bereit und fähig sind, uns auf neue Situationen einzustellen.

Wir arbeiten an einem Klima sozialer Akzeptanz und gegen Ausgrenzung und deren Ursachen. Dabei zeigen wir gesellschaftliche Missstände auf und wirken an deren Veränderung mit.

Das bedeutet für uns,

  • dass wir offen sind für die Sorgen und Nöte anderer;
  • dass wir uns den aktuellen Anforderungen unserer Zeit stellen;
  • dass wir ein Teil unserer Gesellschaft sind und uns aktiv an ihrer Weiterentwicklung beteiligen;
  • dass wir eine lernende und sich weiterentwickelnde Organisation sind.

Das erreichen wir, indem wir

  • uns nach außen darstellen und öffnen;
  • uns an aktuellen und gesellschaftspolitischen Diskussionen beteiligen und Stellung beziehen;
  • uns als Fürsprecher für benachteiligte und ausgegrenzte Menschen einsetzen;
  • unsere Ressourcen und Fähigkeiten zur Verfügung stellen, um gesellschaftliche Rahmenbedingungen mitzugestalten;
  • den Dialog mit allen Beteiligten auf politischen und gesellschaftlichen Ebenen suchen.

Wir wollen unser Handeln an diesem Leitbild orientieren. Mit ihm werden wir immer auf dem Weg sein. Dazu gehört, dass unsere Vorstellungen von unserer Arbeit und unserem Miteinander nicht immer mit unseren Erfahrungen übereinstimmen, die wir im Alltag machen. Insofern wollen wir Lernende sein und uns stetig entwickeln.

Bei aller Notwendigkeit von Professionalität im Planen und Handeln wollen wir auch offen sein für Ungeplantes, Unberechenbares und Spontanes. Hier finden sich Potenziale für Kreativität und Entwicklungsfortschritte, die wir benötigen, um unsere sozialen Dienste zukunftsfähig zu gestalten.

Gutes zu tun und mit anderen zu teilen vergeßt nicht;
denn solche Opfer gefallen Gott. (Hebr. 13, 16)

Wo wir stehen! – Positionspapier der Diakonie Lahn Dill

Wir beziehen hiermit eine klare Position zur aktuellen gesellschaftlichen und politischen Lage. Wenn sich, wie im November 2023 teils hochrangige Führungskräfte von Unternehmen und Politiker sowie rechtsextreme Aktivisten treffen, um Strategien zu besprechen, wie Menschen, die nicht ins politische Weltbild passen, abgeschoben werden können, besorgt uns das zutiefst. Der „Masterplan Remigration“ entlarvt die Destruktivität im Denken und Handeln dieser Akteure und macht deutlich, wie unverhohlen Freiheitsrechte und das Recht auf Diversität (Vielfalt) nicht nur in Frage gestellt werden, sondern abgeschafft werden sollen.

Wir machen deutlich, dass rechtsextremes Gedankengut und Ideen bei uns in der Diakonie Lahn Dill keinen Platz haben. Wir sind ein Wohlfahrtsverband und Träger von vielfältigen Hilfeangeboten, bei dem die Vielfalt ein Teil des Leitbildes ist. Wir unterstützen psychisch erkrankte Menschen mit dem Ziel, dass Teilhabe für alle möglich wird. Menschen, die einsam, krank, fremd, traumatisiert und deswegen ausgegrenzt sind, finden bei uns Ansprechpersonen, die zuhören und deren Anliegen ernst nehmen.

Insbesondere Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte wenden sich z.Zt. hilfesuchend an uns. Wir unterstützen sie mit haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden, indem wir gemeinsam Wege suchen und handeln. Unser Anliegen ist es, Menschen aufzurichten und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten anzubieten. Wir fordern den würdevollen Umgang mit jedem Menschen. Dabei ist Vielfalt keine Gefahr oder Belastung, sondern bereichert unsere Gesellschaft.

Geflüchtete Menschen, Menschen mit Migrationsgeschichte und in schwierigen Lebenssituationen werden derzeit häufig in der Politik und der Gesellschaft als Feindbilder aufgebaut. Dies ist menschenverachtend und entspricht in keiner Weise den christlichen Werten, denen wir in Diakonie und Kirche folgen.

Nicht alles in unserer Gesellschaft läuft gut. Demokratie lebt vom kritischen Diskurs. In diesen Tagen muss konstruktiver Dialog an die Stelle einer Kultur von Vorverurteilung, Abwertung und der Verbreitung von Falschbehauptungen treten. Es geht darum, dass wir miteinander Lösungen finden, dass wieder fair und ohne den Versuch zu kränken und zu erniedrigen diskutiert werden kann. Es geht um Achtung statt Ächtung.

Denjenigen, die aufgrund der aktuellen politischen Lage, aufgrund kruder Statements und Parolen Angst haben, die sich deswegen bedroht oder gar verfolgt fühlen, sprechen wir unsere Solidarität aus. Wir verurteilen menschenfeindliche und destruktive Haltungen zutiefst.

Wir begrüßen die Proteste, die sich z.Zt. vor allem gegen Rechtsextremismus richten. Wir verurteilen Extremismus generell, sei er politisch rechts- oder linksorientiert oder religiös motiviert.

Menschen- und Demokratiefeindlichkeit haben bei uns keinen Platz.

Wetzlar, Februar 2024
Der Vorstand und die Vertretung der Mitarbeitenden